Ein junger Mann mit blonden Haaren sitzt in einem gemütlichen Sessel. Der Raum, in dem er sich befindet, ist angenehm hell und freundlich. Ich hatte mir die Registrierung in Italien ganz anders vorgestellt, denkt er.
„Guten Tag, mein Name ist Michael Schmidt“. Eine sympathische junge Frau ihm gegenüber erwidert, „buongiorno, benvenuto“ und zeigt freundlich auf das Symbol vor ihr. Ach ja, das hatte Michael in der Aufregung ganz vergessen: Er holt seinen PE aus seiner Tasche, schaltet ihn an und steckt sich das kleine blau-goldene Gerät ins rechte Ohr. „Adesso riesci a capirmi?“, fragt die Frau vom Begrüßungs-Center. –„Ja, klar“, antwortet Michael.
Schon eine praktische Erfindung, diese PEs, denkt Michael. Die „Porta-Europa“ wie sie eigentlich heißen, hatte die erste Regierung 2035 bei der Gründung der Vereinigten Staaten von Europa für alle Bürger kostenlos eingeführt. Die kleinen handlichen Geräte, die Michael von der Form her an das alte Head-Set von seinem Vater erinnert, können zwölf Verkehrssprachen simultan übersetzen und drei bis vier Regionalsprachen. Michael hatte sich damals gleich ein PE bestellt, das auch kölsch konnte: so konnte er endlich die alten Gedichte und Lieder seiner Urgroßeltern auf kölsch verstehen.
„Was kann ich für Sie tun“, fragt die Frau ihm gegenüber. Michael kommt aus seinen Gedanken zurück. „Ich möchte mich gerne anmelden. Ich beginne morgen meine Arbeit im Regionalverband Apulien. Ich bin Sozialarbeiter mit dem Schwerpunkt für nachhaltige Integration.“ Michael reicht ihr dabei seinen Personalausweis und sein elektronisches Arbeitsbuch mit allen Zeugnissen und beruflichen Stationen.
„Wunderbar, dass Sie da sind“, freut sich sein Gegenüber „wir haben hier in Bari seit ein paar Jahren immer mehr Spannungen zwischen den alteingesessenen Italienern und denen, die in den letzten zehn, zwanzig Jahren hier gekommen sind, teils aus anderen Regionen aus Italien, aber auch aus anderen Teilen Europas, ganz zu schweigen von den Gruppen aus Afrika und dem Nahen Osten.“ – „Das ist sicher nicht ganz leicht“, ergänzt Michael. – „Ja, das kann man wohl sagen. Die Regionalregierung organisiert zwar seit ein paar Jahren verschiedene kulturelle Festivals im Sommer -aber oft bleiben die Gruppen dann doch unter sich. Ein echter Austausch findet nicht statt. Meine Eltern flüchten dann immer in den Apennin – einfach mal ein paar Wochen nur unter sich sein, wie sie sagen. – So, fertig. Ihre Anmeldung ist erledigt.“ Die Frau vom Begrüßungscenter gibt Michael seinen Personalausweis und sein elektronisches Arbeitsbuch zurück. Michael stutzt, „und wie ist das mit meiner Krankenversicherung und mit meiner Rentenversicherung?“ – „Die jeweiligen Organisationen bekommen eine Meldung, dass Sie jetzt in Bari wohnen und arbeiten. Aber darum kümmern wir uns. Ansonsten laufen Ihre Versicherungen ganz normal weiter. – Ach ja, das hätte ich fast vergessen: hier haben Sie noch ein paar Tipps, was es für kulturelle Veranstaltungen in der Region in der kommenden Zeit gibt. Sie haben Glück: übermorgen beginnt das Europa-Festival. Schwerpunkt in diesem Jahr: Belarus. Ein wunderschönes Land mit einer reichen Geschichte. Lohnt sich auf jeden Fall.“
Michael bedankt sich, immer noch etwas verwirrt und geht erstmal nach nebenan und bestellt sich einen Cappuccino.
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